
Am 2. Juli 2014 war Samara Budde mit der Jungen Presse Niedersachsen zu Besuch bei der Landespressekonferenz im niedersächsischen Landtag und berichtet hier von der anschließenden Jugendpressekonferenz, in der Ministerpräsident Stefan Weil die Fragen der jungen Journalisten beantwortet hat.
Gleich zu Beginn der Sitzung beantwortet Herr Weil die Frage, welchen Stellenwert die Schülerzeitung für Schulen hat. Seiner Meinung nach ist sie vor allem dazu da, um den Schulalltag und auch vieles andere konstruktiv zu kritisieren. Er selbst habe auch zu seiner Schulzeit am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Hannover für die Zeitung „Libellus“ geschrieben und sieht eine gewisse Entwicklung der Zeitungen von damals bis heute. Er sieht diese als positive Veränderungen, wie z. B. dass heutzutage auch fundamentale Fragen beantwortet werden, die die Leser betreffen. Leider muss Herr Weil auch zugeben, dass heutzutage für Schüler wenig Zeit für außerschulische Aktivitäten bleibt. Diesen Trend können auch Vereine wie die JPN (Junge Presse Niedersachsen) beobachten. An unserer Schule gibt es keine Schülerzeitung, jedoch einige Schüler, die gerne journalistisch tätig wären. Für sie gibt es die Möglichkeit Berichte auf der Schulwebsite zu veröffentlichen.
Natürlich soll nach einer dauerhaften Lösung gesucht werden, wie einen Blog oder Schreibmöglichkeiten auf einer eigenen Website. Als eine der Hauptgründe für die geringe Zeit und Bereitschaft der Schüler, etwas wie eine Schülerzeitung zu unterhalten, sieht Herr Weil die Einführung von G8 an den Gymnasien Niedersachsens. Dem soll jedoch entgegengewirkt werden, indem wieder G9 eingeführt wird. Hier soll es aber immer noch die Möglichkeit geben, bei besonderer Begabung die weiterführende Schule bereits nach acht Jahren zu beenden. Auch soll die Zahl der verpflichtend zu schreibenden Klausuren gesenkt werden. Nach den Sommerferien in diesem Jahr werden deshalb Sitzungen zur Festlegung neuer Richtlinien für dieses neue G9 stattfinden.
Noch mehr Änderungen?
Auf diese Frage antwortet der Ministerpräsident beruhigend: Dies soll dann auch die letzte Maßnahme hinsichtlich des Schulwesens sein. Es sei auch nicht geplant gewesen, die Änderung auf G8 rückgängig machen zu müssen. Die Einführung von G9, die nun beschlossen wurde, sei aber aufgrund vieler Beschwerden von Seiten der Lehrer, Eltern und Schüler notwendig. Dies könne auch auf unzureichende Vorbereitung und Information zurückzuführen sein. Alles in allem war die Umstellung auf G8 ein gescheitertes Projekt der niedersächsischen Landesregierung von 2011, der er damals noch nicht angehörte. Deren Entscheidung zweifle er jedoch erst einmal nicht an, schließlich wisse er nichts über die damaligen Umstände.
Inklusion an deutschen Schulen
Nach Meinung des Ministerpräsidenten sei sie zu allererst nicht mehr aufzuhalten. Außerdem müsse jedem Kind, mit egal welcher Behinderung, die Möglichkeit gegeben sein, am normalen Unterricht teilzunehmen. Das sei wichtig, denn die Kinder müssen bereits früh lernen, dass sie alle die gleichen Chancen haben und gemeinsam arbeiten können. In Hannover sei dies anhand einer Grundschule exemplarisch zu sehen. Bei einem Besuch habe Ministerpräsident Weil sehen können, wie einwandfrei das System dieses gemeinsamen Unterrichts von Anfang an funktioniert. Außerdem liege Deutschland im internationalen Vergleich schon hinter den USA was dieses Vorhaben angeht, was signalisiere, dass noch viel zu tun sei.
Wie Ministerpräsident Weil die Proteste gegen die Stundenerhöhung der Lehrer wahrnimmt
Stefan Weil versichert, dass diese Proteste nicht an ihm vorbei gegangen seien, er jedoch immer noch der festen Überzeugung sei, richtig gehandelt zu haben. Erstens sei Niedersachsen das Bundesland mit den wenigsten festgelegten Arbeitsstunden für Lehrer und zweitens sei die daraus resultierende Streichung der Klassenfahrten an Gymnasien kein Entschluss des Landtages. Diese Maßnahme sei ausschließlich von den Lehrern beschlossen worden. Und durch die eine zusätzliche Stunde entstehe zwar viel mehr Vorbereitungsarbeit, aber in den anderen Bundesländern funktioniere es schließlich auch. An dieser Überzeugung hält er trotz vieler Diskussionsrunden, unter anderem mit Lehrern, fest.
Frauenförderung?
Laut Herrn Weil: Absolut notwendig. Und dazu würden vor allem ein faires Miteinander unter Frauen und Männern und ein gerechtes System zählen. Denn zurzeit behandelt das System die Frauen nicht gut: Frauen werden im Vergleich zu Männern viel schlechter bezahlt und können sich bei einer Schwangerschaft nicht sicher sein, ihren Job nach der Zeit im Mutterschutz wieder ausüben zu dürfen. Hier sollte beides möglich sein: Familie und Beruf. Dafür würden derzeit auch viele Betreuungsmöglichkeiten geschaffen, jedoch lange noch nicht genügend. Und selbst in der SPD gebe es Probleme mit der Frauenbeteiligung. Dafür wünsche er sich eine Quote und auch die Bereitschaft der Frauen, Führungspositionen einzunehmen.
Die deutsche Flüchtlingspolitik
Hier findet Weil, Deutschland bemühe sich sehr, viele Flüchtlinge aufzunehmen. Wie in so vielen Themengebieten gebe es Befürworter und Gegner der Aufnahme von Flüchtlingen. Manche wollen auch nur die Zahl der Aufnahmen begrenzen. Er selber sei derselben Auffassung wie Boris Pistorius (Innenminister Niedersachsens), der sich dafür einsetze, noch mehr Flüchtlinge, vor allem aus dem Kriegsgebiet Syrien, aufzunehmen. Dann gebe es natürlich wieder Fragen und Konfliktpunkte bezüglich der Unterbringung, Verpflegung, Rechte der Flüchtlinge und deren Eingliederung. Es gebe immer wieder tolle Erfahrungen, wie in Hannover, dass Flüchtlinge gut untergebracht würden. Es gebe aber auch Skandale, in denen Flüchtlinge durch Rechtsradikale angegriffen oder weggemobbt würden, oder unter unmenschlichen Bedingungen hier, im wohlhabenden Deutschland, leben müssen.
Was Stefan Weil der jungen Presse mit auf den Weg gibt
Als Letztes legt Herr Weil der Jungen Presse noch einmal nahe, wie viel man in der Schulredaktionszeit lernen kann. Ihm fielen schriftliche Publikationen leichter und der Umgang mit Medien und die Recherche können in jedem Beruf nützlich sein. Was auf jeden Fall wichtig sei im Leben, ist die Neugier, die es zu bewahren gilt.