Titel: Abiturrede des Schulleiters
Seiten: 8-12
Link zum Zusatzmaterial: http://de.wikipedia.org/wiki/Per_Anhalter_durch_die_Galaxis_%28Romanreihe%29
Titel: Abschied eines Einhorns
Seiten: 16 und 17
Link zum Zusatzmaterial:
https://www.youtube.com/watch?v=yEF7AGlwXvk
Titel: Ehemalige erzählen (Freiwilligendienst in Indien)
Seiten: 31-33
Link zum Zusatzmaterial:
www.kks-prachodana-13.blogspot.de
Titel: Klimabotschafter (Viele Handys und ein Baum)
Seiten: 37 und 38
Links zum Zusatzmaterial:
http://www.internationale-wasserkonferenz.de/
www.keineplastiktueten.jimdo.com
http://www.youtube.com/watch?v=I32-q45xSgs
Titel: Zeitzeugenprojekt (Trotz angespannter Lage in die Ukraine)
Seiten: 42-44
Link zum Zusatzmaterial:
http://ursulaschule.de/schulleben/ags/gesellschaft/zeitzeugen/item/2156-zeitzeugenprojekt-2013-2014-von-beeindruckenden-begegnungen-und-organisierter-spontanitaet
Titel: Gesichter meiner Stadt
Seiten: 56 und 57
Links zum Zusatzmaterial:
www.gesichter-meiner-stadt.de
http://www.gesichter-meiner-stadt.de/fileadmin/medien/Broschuere_StadtOS.pdf
Titel: „Mathe-Asse“ in Göttingen
Seite: 63
Link zum Zusatzmaterial:
http://ursulaschule.de/lernen/faecher/mint/mathematik/item/2087-erfolgreiche-teilnahme-an-der-landesrunde-in-goettingen
Titel: „Jugend gestaltet“
Seite: 64
Link zum Zusatzmaterial:
www.jugendgestaltet.de
Titel: Auszeichnungen für Umweltengagement
Seite: 66
Links zum Zusatzmaterial:
http://green-planet-festival.de/
http://ursulaschule.de/schulleben/projekte/jugend-denkt-umwelt/item/2005-nimm-mich-2
Titel: Überlegungen zum Thema „Digitale Geräte in Schülerhand“
Seiten: 70-72
Links zum Zusatzmaterial:
http://tinyurl.com/politische-teilhabe
http://tinyurl.com/arbeit2020
http://tinyurl.com/uni-moocs
http://tinyurl.com/oer-infos
http://tinyurl.com/info-byod
Titel: Abschied: Elmar Holtz-Meynert
Seiten: 84 und 85
![2014-11-22 Jahresbericht Holtz-Meynert01]()
Eine Hommage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen: ehemalige, aktive und zukünftige; liebe Schülerinnen und Schüler und alle weiteren, sehr verehrten Anwesenden,
vom Lotsen ist bisweilen die Rede, wenn jemand verabschiedet wird, der über viele Jahre Impulse setzte und Initiativen ergriff. Wir aber sahen Herrn Elmar Holtz-Meynert nie mit ausgestreckten Armen und spitzen Zeigefingern auf Vorschiff und Bug nach Art eines Lotsen gestikulieren! Was sollte das für ein Schiff sein, was für ein Gewässer? – Ein staubiges Bild (aus alter Zeit).
Also kappen wir diese Metapher! Wenn wir schon Bilder brauchen, dann eher die von rundum schauenden Ballonfahrern und tief in die Erde Grabenden – und Herrn Holtz-Meynert zog es, anders als Lotsen, hinaus ins Unvertraute. Was aber die Sache nicht einfacher macht! Vielleicht sind sie alle, die Bilder und Ansichten, trotz Umstands und Mühe zu kurz gegriffen und im Nachhinein fast immer zu hastig gesucht. Wir Vier sind dennoch entschlossen!
Was müsste gesagt werden, was nicht angesichts eines Abschiedes, der bitter genug ist - verlieren wir mit Elmar Holtz-Meynert doch einen der vielschichtigsten und spannungsreichsten Kollegen? Wenn wir nicht fröhlich sind, so sind wir letztlich doch froh gestimmt, weil wir auf eine gemeinsame Zeit, für einige unter uns nun bereits über dreißig Jahre während, zurückblicken können.
So wenden wir uns also anfangs dieser Verabschiedung der Vergangenheit zu. Und weil wir mit John Locke, dem großen englischen Philosophen, wissen, dass ein Mensch nicht dadurch zu zwei Menschen wird, dass er heute andere Kleidung trägt als gestern, glauben wir mit diesem Blick ins Vergangene recht zu tun, um dadurch etwas von dem zu verstehen und ausdrücken zu können, was Elmar Holtz-Meynert vielen von uns bis heute bedeutet - und was er manchen hätte bedeuten können.
Herr Holtz-Meynert wirkte entscheidend mit am Profil der Ursulaschule. Er lud ein, den Blick schweifen zu lassen, auch andere Wege zu gehen, neue, die uns hinausführten aus dem Gebäude der Ursulaschule, aus Osnabrück, aus Deutschland. Er lud ein, Verbindungen und Partnerschaften zu knüpfen: mit Bulgaren, Polen, Ukrainern. Er initiierte ein Projekt mit ukrainischen Zwangsarbeitern und gab es weiter in gute Hände.
Ich selbst habe vor zwei Jahren diese Erfahrung auf einer Studienreise nach Marienthal an der polnischen Grenze machen dürfen, beeindruckt vom Miteinander der deutschen und der bulgarischen Schülerinnen und Schüler. Kulturelle und sprachliche Unterschiede wirkten inspirierend und verbanden uns alle. Wir verbrachten zusammen eine Woche in Marienthal. Tränen flossen zum Abschied: eine der nachdrücklichsten Erfahrungen, die nicht einfach pädagogisch unter Lernzielen bilanziert werden kann und bei vielen der Beteiligten bis ins Persönliche reichte.
Wir trafen uns, symbolisch bemerkenswert, zwei und drei Mal: die Vertreterin der
Mitarbeiter der Schule und die Vertreter der Fächer Deutsch, Philosophie und Geschichte. Es sind jene Fächer, denen Elmar Holtz-Meynert über so viele Jahre im Unterricht Inhalt und Form gab. In dieser Runde der Vier: Mechthild Brebaum-Ersen, Ludger Brömlage, Manuela Charwat-Wortmann und Manfred Klauss. Klarer Auftrag: Persönlichkeits- und Strukturanalyse, Interpretationen zur Verabschiedung des Kollegen Elmar Holtz-Meynert!
Schon an dieser Stelle hätte man sich rückblickend den Auftrag vielleicht stilistisch zeitgemäßer vorstellen können: alliterierend etwa, in Form einer Klimax, zumal in dieser Runde vier Germanisten und Literaturwissenschaftler zeichneten. Beispiel: „Titel, Thesen, Temperamente“ – das aber gab es schon. Also besser: „Studien, Stile, Stimulanzen“ – ein Zungenbrecher, vergiss es!
Mit dem Titel der Inspektion anzufangen und so die Richtung zu spezifizieren, wollte nicht gelingen, schlimmer noch (es waren in dieser Runde der Geisteswissen-schaftler ja auch Philosoph und Theologe zugegen): Der Auftrag schlug um zur nebligen Frage: „Was ist Wahrheit?“ (O, alle Weisen im Laufrad! Wollt ihr nicht ruhen in Frieden?)
Es liegt ein Protokoll unserer Zusammenkünfte vor, das entscheidende Einsichten in die Persönlichkeit des Kollegen Holtz-Meynert festhält. Zitate:
„Einerseits - andrerseits“,
„sowohl - als auch“,
„hier und da“,
„weder - noch“.
Diese leidigen Kontraste, diese kreuz und quer gegeneinander schießenden Perspektiven!
„Genauso wie - doch anders als“,
„entweder – oder“.
Was für eine verstörende Landschaft! Weiter!
„Folglich und insofern“,
„hingegen - trotzdem“.
„Aber“, „und“, „beziehungsweise“ - insgesamt wenig hilfreich. So ging es holprig weiter – nichts ließ sich einfach runden, keine Symmetrie wollt‘ sich ergeben, kein klassisches Drama.
Und dann, schließlich, erzählten wir uns Geschichten aus dem Alltag – und so wir uns Geschichten erzählten, ging es verständlicher, und indem wir so über Elmar Holtz-Meynert sprachen, sprachen wir auch über uns selbst und verstanden nach und nach.
Schlagen Sie einmal die Homepage der Ursulaschule auf, ignorieren Sie deren Einladung, gleich zum Button Vertretungsplan zu springen, und rufen Sie „Lernen“ auf, dann die Rubrik „Fächer“, dann „Philosophie“ - …
… so werden Sie recht früh von Elmar Holtz-Meynert auf Sokrates gestoßen, den Urvater der Philosophie, den „Meister aller Meister“: Sein „ti esti“ wird von unserem Kollegen zitiert und gleich übersetzt: „Was ist das“, „was bedeutet dies“?
Geduld! Bald verstehen wir mehr von Herrn Elmar Holtz-Meynert; doch stellen Sie sich zur Einübung zunächst die Schlacht von Potidaia 432 v.Chr. vor! - Haben Sie’s? So! Und nun sind wir in der ersten Geschichte von den vieren, die wir über Elmar Holtz-Meynert erzählen wollen.
Diese erste Geschichte heißt: Kurze Aufsicht auf die Welt der Philosophie, aus dem Alltag gegriffen und eingetunkt in ein großes Narrenhaus; zwar noch ohne direkten Kontakt zu Herrn Elmar Holtz-Meynert, doch, frei in Denken und Diktion des Fährtensuchers, des Spurenlesers übersetzt, bereits Witterung aufgenommen und Tritt gefasst!
Wir hören dazu den jungen Alkibiades, den künftigen General des antiken Athens, dem Sokrates nahe stehend, man spricht von platonischer Liebe, aber verrätselt. Bald wird er einer der Großen Athens sein. Alkibiades berichtet, passen Sie auf!
„Damals auf dem Feldzug [gegen Potidaia, Sie denken mit …?] stand er, in irgendeinen Gedanken vertieft, vom Morgen an auf demselben Fleck und überlegte, und als es ihm nicht gelingen wollte, gab er nicht nach, sondern blieb nachsinnend stehen. Inzwischen war es Mittag geworden; da bemerkten es die Leute, und verwundert erzählte es einer dem anderen, dass Sokrates schon seit dem Morgen dastehe und über etwas nachdenke. Schließlich, als es schon Abend war, trugen einige […], als sie gegessen hatten, ihre Schlafpolster hinaus; so schliefen sie in der Kühle und konnten gleichzeitig beobachten, ob er auch in der Nacht dort stehen bleibe. Und wirklich, er blieb stehen, bis es Morgen wurde und die Sonne aufging! Dann verrichtete er sein Gebet an die Sonne und ging weg.“
Wenn Sie wollen, können Sie die Philosophie jetzt besser verstehen. Allerdings fehlt noch ein Stück! Doch wenn Sie möchten, ist die Geschichte ein für alle mal und ohne viel Federlesens erzählt:
Potidaia ist, neben Athen, die Schöne in dieser Geschichte. Sie ist die vom Handel wohlhabend gewordene Stadt, eine Kolonie des steinreichen Korinths, das noch 50 Jahre zuvor Seite an Seite mit den Athenern bei Salamis die Perser besiegt hatte … Bleiben Sie jetzt nicht stehen bei Aufschnitten und Salami - den Rohwürsten, ehedem aus Eseln und Maultieren gemacht -, sondern folgen Sie mit Verständnis und Gespür unserer Geschichte und passen Sie auf!
Athen nämlich fordert, nach einem Streit, die kleine Potidaia auf, ihre Seemauern zu schleifen: Potidaia lehnt ab, Athen schäumt, Potidaia schreit „Hilfe“. Perdikkas II., König von Makedonien, im üblichen Gerangel bisher zu kurz gekommen, wittert Morgenluft, stellt sich gegen Athen, Athen fürchtet um Einfluss, setzt 30 Schiffe unter Segel. Korinth scharrt heftig mit Fuß und Sandale, schickt 2000 Krieger. Jetzt lässt auch Sparta Äxte und Schwerter schleifen. Schon fahren 70 athenische Schiffe. Es heißt: Korinth und Sparta lassen unzählig Lanzen schnüren und tausendfach Speere kreisen! Man hört: In Scharen rücken zahllose makedonische Reiter vor! - Am Vorabend der Schlacht wird Verdauung und Schlaf befohlen. Doch Sokrates erregt Aufmerksamkeit! … Verstehen Sie alles? - Wirklich?
Liebe Anwesende, dies ist die Suppe, in der oft genug Philosophie gekocht wurde und wird. Verstehen Sie ihren Anspruch auf Wahrheit, ihr Pochen auf Zweifel, ihr Dringen auf Reflexion, Verantwortung und Konsequenz? Zuweilen scheint der Philosoph an den Rand gerückt, scheint irgendwie nicht zur Welt zu gehören, scheint in ihr fremd, bestenfalls ein Kuriosum zu sein - in dieser Welt, die, wie Potidaia und Griechenland, von allen Ecken angezündet werden und lichterloh brennen kann – und gehört doch zu ihr.
![2014-11-22 Jahresbericht Holtz-Meynert03]()
Zweite Geschichte, in der vom Witz, seinem Rütteln und Schütteln die Rede ist und Herr Elmar Holtz-Meynert prustend den Weg kreuzt!
Es gibt eine Reihe von Witzen über die Philosophie, ihr Geschäft und die Vermessenheit ihres Anspruches. Philosophie sei, sagt der Theologe, wenn jemand in einem absolut dunklen Raum mit verbundenen Augen eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist. Theologie aber ist, erwidert der Philosoph, wenn jemand in einem absolut dunklen Raum und mit verbundenen Augen eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist, und ruft: „Ich habe sie."
Wir wissen, dass diese Häme direkt vom Teufel kommt, dem Beelzebub, dem Herrn aller Dunghaufen und Fliegen. Philosoph und Theologe werden von Junker Hinkefuß wie die Hähne aufeinander gehetzt, um zu sehen, was passiert. Und doch: Ist dieser Witz auch Lüge, so ist er gut erfunden. Darüber kann auch der Philosoph lachen. (Auch alle Theologen? Wir werden sehen …) Denn es blitzt eine Verwandtschaft auf zwischen Denken und Teuflischem, das bekanntermaßen im Detail steckt und oft genug nur im Lachen sich Luft machen kann: Ja, Philosophen suchen nach der schwarzen Katze, doch sehenden Auges und deshalb oft prustend vor Lachen, manchmal aber auch fauchend und beißend. Elmar Holtz-Meynert ist in beidem ein Meister. Er schätzt den Witz, wenn dieser fett gewordene, selbstherrliche Wahrheiten scharfsichtig karikiert, wenn er sie durch enge Kurven hetzt und Seilspringen lässt, bis sie blau pfeifen. Wir schätzen ihn als Kollegen, der gerne und vernehmlich lachte, bisweilen auch fauchte, der dem angespitzten Witz eher noch zugeneigt war als dem temperierten, dem Stich der Pointe eher als dem gelassenen Humor, dem Krummen und Schrägen eher als dem in Linie Geschnittenen. - Denken zersetzt alle Gemein-plätze. Natürlich ist Denken Dynamit!
Dritte Geschichte, in der das Licht und die List der Vernunft Herrn Holtz-Meynert und der Ursulaschule lauter Weichen stellen; zudem: strenge Kapitel von Zwist und Zäsuren, aber auch heitere vom Gelingen und vom Begeistern!
Dies ist Futter für alle Historiker: 1179 Jahre nach dem Tod des Sokrates, hingerichtet wegen Götterfrevels und Verführung der Jugend zum Unglauben, wird Osnabrück gegründet: Stadt des Westfälischen Friedens, verwundet durch Kriege, beschämt durch Aberglauben, schändliche Nachrede und Verfolgung. Die Ursulaschule wird 1085 Jahre nach Stadtgründung ihre ersten Schülerinnen, damals noch in knöchellangen Gewändern und mit frommen Gesichtern, aufnehmen, nach weiteren 117 Jahren wird Elmar Holtz zum 8. Monat des Jahres 1982 eingestellt – als Lehrer für Philosophie, Deutsch und katholische Religion, später folgen Geschichte und Politik – und wird raumgreifend die Flure zum Unterricht durcheilen, wird dabei - bis heute - Bein vor Beine nach vorne werfen, alles nach vorn. Oberkörper: nach vorn geworfen! Schultern angezogen, den Blick nicht nach rechts, nicht nach links: nach vorn geworfen! Ja, die Philosophen wissen nicht nur zu stehen, diese Kuriere der Wahrheit können auch eilen, ihre 2½-tausendjährige Geschichte wiegt zwar schwer, doch beflügelt sie auch. Herr Elmar Holtz-Meynert scheint kein Spaziergänger im Geiste, kein Peripatetiker zu sein. Denken und Laufen scheint eins, Laufen ist Denken – Denken als Bewegung, bewegliches Denken, anstoßend und anstößig, in Hochform gebracht, wenn es stochert und wühlt. Gegebenenfalls beißt es anfänglich, drängt dann aber zum Dialog.
Die Schüler jedoch werden von ihm merkwürdiger Weise zu kleinen Schritten angehalten, was sich aber im Kontext klärt:
Schlagen Sie einmal die Homepage der Ursulaschule auf, ignorieren Sie deren Einladung, gleich zum Button Vertretungsplan zu springen, und rufen Sie „Lernen“ auf, dann die Rubrik „Fächer“, dann „Philosophie“.
Dort lesen Sie von kleinen Schritten. Doch aus dem Bilde geschüttelt wollen diese so viel bedeuten wie: logisch zu argumentieren, mit sich selbst einig zu sein. Sein Herz schlägt für die Philosophie, seinem Lieblingsfach, doch ist es zu klein. 1984 wird er Obmann für Deutsch, der größten Fachschaft der Schule, und verwaltet die Philosophie gleich mit.
Mit dem damaligen Schulleiter und anderen Schulen lädt er über Jahre hochrangige Autoren: Hilde Domin, Eva Zeller, Walter Kempowski, Erich Loest, Willi Fährmann, Gabriele Wohmann, Peter Härtling, Reiner Kunze, Kurt Marti, Ulla Hahn, Annerose Kirchner u.a. zum Lesen in die Ursulaschule ein, verfasst mangels geeigneter Lehrwerke zusammen mit einem Kollegen zum internen Gebrauch das Lesebuch „Reflexion über Sprache“, begleitet zahlreiche Projekte und stößt andere an.
Dann: private Schläge und tiefe Einschnitte. Herr Holtz verliert die Fakultas für Religion; Kurven und Frakturen folgen, doch auch Entschlossenheit. Das Kollegium, die Ursulaschule, das Bistum halten ihn, geben ihm Kraft – dies wird er nie vergessen.
Er wird 2002 bis 2013 die Redaktion der „Jahresberichte“ übernehmen, wird nachhaken, korrigieren, gestalten. 11 Ausgaben folgen. Erfahrungen in der Begleitung von schuleignen Schriften hatte er bereits Jahre zuvor über die „Bärendienste“ sammeln können. Und er schreibt für einen Schulbuchverlag.
Herr Holtz-Meynert lernt das Projekt „Umwelt baut Brücken – junge Europäer im Dialog“ kennen, recherchiert mit Schülerinnen und Schülern der Ursulaschule und in Gemeinschaft mit Schülern anderer Länder zu Fragen von Umwelt und Naturschutzprojekten, reist mehrfach mit Schülergruppen, zuerst in die abgewickelte DDR, nach Wernigerode, dann nach Osteuropa, immer vor Ort; zwar aufwendig in Planung und Zeit, doch entstehen Freundschaften über nationale Grenzen hinweg. Und er berät seine Schüler in allen journalistischen Fragen. Sie schreiben in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
2010 erhält Herr Holtz-Meynert zusammen mit seinen Schülerinnen und Schülern eine „Auszeichnung für herausragende journalistische Leistungen“. Auch die Ursulaschule fühlt sich geehrt. Und in Bukarest werden er und die Schülerinnen und Schüler seines Projektes zusammen mit den Preisträgern der bulgarischen Partnerschule einen Preis aus der Hand des rumänischen Bildungsministers entgegen nehmen.
Dazu können Sie auch auf der Homepage der Ursulaschule nachlesen. Ignorieren Sie deren Einladung, gleich zum Button Vertretungsplan zu springen, und rufen Sie … nun, Sie wissen schon!
Es folgen, als Fachobmann für Philosophie, Kämpfe, wenn nicht mit Schwert und Speer, so doch, cum ira et studio, mit Eloquenz, geschult in Argumentation und Rhetorik: Spitzen gegen Reformen der Landesregierungen, die das Prüfungsfach Philosophie ins Mark treffen, Versuche und Ideen, dieses Fach offen zu halten fürs Abitur. Es folgt Opposition im Fachbereich Deutsch gegen die landesweit verordnete Dominanz fachbezogener „Kompetenzen“, die ihm den Bildungsauftrag des Gymnasium zu verfehlen scheinen. Die Implementation dieser Kompetenzen in schuleigene Curricula wird er künftig als „Implantate“ bezeichnen, ein schwarzer Humor, doch muss er sich fügen, Opposition bleibt, stellenweise ein Nörgeln, stellenweise wuchtiger.
![2014-11-22 Jahresbericht Holtz-Meynert04]()
Vierte und letzte Geschichte, in der, als Pendant zum Witz, vom Denken, seiner Sehnsucht zum Grenzenlosen und seiner Starrsinnigkeit die Rede ist!
Denken ist Dynamit, auch wenn diese Nachbarschaft von Denken und Sprengstoff angesichts unseres Kollegen Elmar Holtz-Meynert ganz merkwürdig erscheint - wenn man sich keine Gedanken leistet.
Denn ist er uns allen nicht wohlvertraut gerade im Betonen der Regel und der Pünktlichkeit – auch im Blick auf die Schulleitung – und ist er uns nicht vertraut im Betonen der Vernunft, dieser Zuchtmeisterin des Denkens und aller Affekte, die – einem Bild des Sokrates folgend - den Lebenswagen in Spur hält, dass er nicht ausbricht? Hielt er nicht und hält er an Oben und Unten, Links und Rechts starrsinnig fest? - Nein: Nicht alles geht! Auch am Maße des Wohlgestalteten und der Verantwortung solle gemessen werden und vom „Terror der Vernunft“ sprechen zu hören, gar philosophisch, trieb ihm die Röte des Zorns ins Gesicht! Er, Herr Elmar Holtz-Meynert, scheint ein bisweilen verlorener Ritter der Aufklärung zu sein!
Regel hin und Regel her – wir vermuten doch mehr, eben einen Grenzgänger. Denn hat das Pochen auf Ordnung und Genauigkeit mitunter nicht auch anarchische Kraft? Die Indizien sind erdrückend! Genaues Lesen: Was ihm an Sprache, Literatur und Philosophie, überhaupt an Bildung Freude bereitet, ihm, diesem strengsten aller Lehrer, wie bisweilen Schüler in ihren glitzernden Gazetten zum Abitur kolportieren, ja was ihm geradezu ausgelassen Spaß zu bereiten scheint, ist die anarchische Präzision von Sprache, Literatur und Philosophie. Denn sprengen sie nicht – zunächst im Wort, doch die Tat wird sich finden - willkürlich gesetzte Grenzen?
Sagt Ihnen Herzog August etwas – vielleicht im Zusammenhang mit Wolfenbüttel? Nein? Nicht! Dann sind Ihnen Ihre Schüler wieder einmal voraus, zumindest eine erkleckliche Zahl, und Sie sollten ernsthafter versuchen, in die Welt der Schüler einzutauchen, die eben nicht auf Smartphone und Finger-Tipping alleine reduzibilisiert werden kann.
Wir sprechen vom Bibliotheksseminar in Wolfenbüttel.
Begeben Sie sich an ihr Smartphone. Schlagen Sie die Homepage der Ursulaschule auf, ignorieren Sie deren Einladung … nun ja! …Rufen Sie „Lernen“ auf, dann die Rubrik „Fordern“, dann „Bibliothekseminar“ - …
… und Sie werden alles Wissenswerte durch Herrn Holtz-Meynert und seinen Nachfolger erfahren. Nur machen müssten Sie es selbst. Folgen Sie dabei dem Wort des großen Lessing auch in Bezug auf Elmar Holtz-Meynert: „Wir wollen weniger erhoben, /Und fleißiger gelesen sein.“
Dort könnten Sie auch von der „Herbstakademie“ erfahren, einem Verbund mehrerer Schulen, der Osnabrücker Universität und Hochschule und anderen Einrichtungen, alles zum Zwecke der Bildung gebaut, für die Ursulaschüler 2005 geöffnet und bis 2013 begleitet durch Elmar Holtz-Meynert! Dabei könnten Sie bemerken, dass unser Kollege mit Enthusiasmus auf Kursthemen drängte, die den Horizont des schulischen Fächerdenkens sprengten und gegen alle vorzeitige Spezialisierung gerichtet waren. Diesem Ziel galt auch über viele Jahre sein Engagement im Drehtürprojekt. Zusammen mit weiteren Kollegen förderte und unterstützte er dieses Unternehmen, in dem begabte Schülerinnen und Schüler, allein oder mit anderen, an meist selbstgewählten Themen weitgehend selbstständig und deshalb umso emsiger arbeiteten, um das Ergebnis schließlich einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen.
Das war ihm wichtig vor Schülern: Respekt vor dem Wort, der Sprache und
anspruchsvollen Texten. Texte oberflächlich zu lesen hieß ihm, dem Text, dem verletzbaren Wort, Gewalt anzutun – wie er es einmal ausdrückte nach einer Prüfung: der Text sei vergewaltigt worden.
Denken, zumal die Philosophie, ist Dynamit – öfter noch, wie im scheinbaren Stillstand des Sokrates lesbar, ein permanentes, kaum merkbares Zersetzen von Gemeinplätzen, eine Wendung gegen Herrschaft und Vorrang, die ihren Grund nicht in Dialog und Vernunft, sondern in Anmaßung finden, ein Stoßen und Boxen gegen Plattitüden und Phrasen, dünne Aufgüsse und falschen Trost.
Epilog
Dieses Denken, zumal in seiner feinsinnigsten Weise, dem Nachdenken, kann schmerzen wie die Sonne in Platons Höhlengleichnis. Es kann schmerzen besonders wenn es auffordert zur Tapferkeit, einem in die Jahre gekommenen und entsprechend oft missbrauchten Begriff, dem wir aber unsere Reverenz erweisen und den wir wie Platon, den Schüler des Sokrates, zu den Kardinaltugenden zählen wollen. Wir erinnern dabei aber auch an Besonnenheit, die Platon in Nachbarschaft zur Tapferkeit nennt.
Tapferkeit zeichnete unseren Kollegen Holtz-Meynert aus, wenn er Flanke und Reibungsflächen bot, klar und bewusst, ohne die eigene Verantwortung zu delegieren, von Zeit zu Zeit ganz ohne Diplomatie und Netz. In diesem Sinne ist er vielen im Kollegium lieb und wert geworden, schwierig bisweilen, doch immer zugänglich, um Dialog bemüht. Die vielen Kolleginnen und Kollegen, ehemalige, junge wie ältere, die jeder für sich und alle zusammen seiner privaten Einladung zum Ende des Dienstes gefolgt sind, sind Ausdruck dieser Wertschätzung, die in ihrer Ernsthaftigkeit und zugleich ihrer Heiterkeit erst noch im Ganzen verstanden werden muss, ohne dass sich aus dieser – nun fünften - Geschichte das gesuchte Runde ergibt.
Mechtild Brebaum-Ersen, Ludger Brömlage, Manuela Charwat-Wortmann, Manfred Klauss